Oberpfälzer Miniatur-Wunderland
Modelleisenbahn-Freunde hatten bei ihrer Ausstellung fast alle Module im Einsatz
WINDISCHESCHENBACH. Robert Beer, der Vorsitzende der "Modelleisenbahn- Freunde (MEF) Windischeschenbach", kennt die Vorurteile: Modelleisenbahner sind alte Männer mit Käppis auf dem Kopf, die mit einer albernen Kelle in der Hand und einer Trillerpfeife im Mund Züge im Kreis herum fahren lassen. Um dieses Vorurteil aus den Köpfen zu bekommen, veranstaltete der Verein am Wochenende eine Modellbahn-Ausstellung in der Mehrzweckhalle. Viele kennen Modellbahnen als Spanplatten, die gerade so in das Eck eines Jugendzimmers passen. Diese hier füllt eine ganze Mehrzweckhalle. Wie ist das möglich? Neben Geld und Zeit haben Modellbahner ein drittes Problem: Platz. Auch deshalb schließen sie sich gerne in Vereinen zusammen. Denn da hat man seit Jahrzehnten eine geniale Möglichkeit gefunden, das Platzproblem zu überwinden: die Modulanlagen.Dabei werden einzelne, genormte Module gebaut, die nur bei den großen Ausstellungen zu einer Riesenanlage kombiniert werden. Während des Jahres bauen die Fans ihre Module entweder bei sich daheim oder, wie in diesem Fall, im Vereinsheim. Wichtig ist dabei, dass die Module möglichst beliebig kombinierbar sind, damit sie bei jeder Ausstellung neu angeordnet werden können.
"Sehr viele Besucher kommen jedes Jahr", hat Robert Beer beobachtet. Sie bekommen jedes Jahr eine "neue" Anlage zu sehen. Neben der neuen Form gibt es auch immer ein paar neue Module zu entdecken. Oder die vorhandenen wurden verschönert.
Was auffällt ist, dass hier die Bahn gar nicht so sehr im Vordergrund steht. Wegen der Modulbauweise haben die meisten Module nur ein durchgehendes Hauptgleis, denn an den Enden müssen die Module auf den Millimeter genau zusammenpassen. Da bleibt nicht viel Platz für aufwendige Bahnanlagen, die einzelnen Modulen vorbehalten bleiben müssen. Umso mehr Platz hat man aber für die aufwendige Gestaltung der Landschaft. Auch hat man den Straßenbau nicht vernachlässigt, wie so oft auf mit Eisenbahnen überladenen Anlagen.
Und was man da alles findet: Badeseen mit im Wasser planschenden Menschen, einen Campingplatz, ein Dorfwirtshaus mit Biergarten, eine Skischanze mit einem tatsächlich "springendem" Skifahrer (der an einem dünnen Draht hängt) und, und, und. Diese Details sind es, die einen stundenlang in den Bann ziehen können. Ins Auge fallen Themenmodule wie ein eigenes Militärmodul, ein Bauernhof-Modul oder ein Bergwerks- und Skifahrmodul, letztere sogar mit einer "echten" Höhle. Robuste Taster rufen zum aktiven Mitmachen auf, und dann passieren die unglaublichsten Sachen - wie der springende Skifahrer.
Alles mussten die Modellbahner selbst bauen, die Industrie hat heute kaum noch Möglichkeiten, derart aufwendige Modelle lukrativ herzustellen. Heraus kamen perfekte Dioramen und hervorragend gestaltete Landschaften. Die Gleislage und der Oberbau samt Schotterung sind exzellent gelungen. Niemals fällt auf, dass man es mit einer Modulanlage zu tun hat. Keine sichtbaren Weichenantriebe oder zu steile Weichenwinkel stören das gelungene Gesamtbild.
Auch die aufwendige Steuerungselektronik ist selbst gebaut. Robert Beer verfolgt damit auch eine pädagogische Absicht. Gezielt will er junge Leute an technische Berufe heranführen. Stolz ist er, wenn immer wieder mal einer seiner Zöglinge erfolgreich einen technischen Beruf ergreift. Im Gegensatz zum Trend haben die Windischeschenbacher einen gesunden Altersdurchschnitt von nur 39 Jahren.
Mit 101 Mitgliedern ist es ein sehr großer Verein. Laut Robert Beer "der größte Modellbahn-Verein beim Bundesverband Deutscher Eisenbahnfreunde (BDEF) in Bayern". Und sie betreiben seit Jahren eine aktive Jugendgruppe, die auch an der Ausstellung beteiligt war. Seine Aufgabe sieht Robert Beer auch darin, die Jüngeren an das "Vorbild" hinzuführen, so nennen Modellbahner die echte Eisenbahn.
Zu diesem Zweck bietet man Bahn-Exkursionen an, bei denen gleich die "richtige" Eisenbahn besichtigt wird. Neulich fuhr man mit der Jugendgruppe ins "Miniatur-Wunderland" nach Hamburg, das große Vorbild für viele Modellbahner. Und man kam mit einer Fülle von Anregungen zurück.
Wer sich den Verein einmal anschauen will: Jeden Dienstag und Freitag (da eher für Jugendliche) ab 19.30 Uhr trifft man sich im Vereinsheim zwischen der alten Turnhalle und der alten Mittelschule in Windischeschenbach. Am Dreikönigstag, 6. Januar 2018, ist von 10 bis 15 Uhr "Tag der offenen Tür" in der Sporthalle. Harald Mohr
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